Berichte

Interessante Vorträge in Erlangen

Viel Neues gab es bei der zentralen Veranstaltung zum Weltdiabetestag am 15. November im Waldkrankenhaus Erlangen für Diabetiker, Angehörige und weitere Interessierte zu erfahren.

 Prof. Dr. Janisch, Veranstalter dieses Tages, hatte in Zusammenarbeit mit dem Diabetikerbund Bayern ein abwechslungsreiches, breit gefächertes Programm für Typ 1- wie auch Typ 2-Diabetiker zusammengestellt. Der Lohn dafür war ein voller Hörsaal.

 Gemeinsam führten Hausherr Prof. Dr. Preclik, Chefarzt der Med. Klinik II, und Bernd Franz, Vorstandsvorsitzender des Diabetikerbund Bayern e.V. durch das Programm. Am Anfang berichtete Bernd Franz in Vertretung des erkrankten Bundesvorsitzenden Dieter Möhler von neuen Entwicklungen in der Gesundheitspolitik, auf die auch Prof. Preclik und Prof. Janisch in ihren Vorträgen zu Neuentwicklungen eingingen. Viele innovative Medikamente kamen und kommen auf den Markt. Die frühe Nutzenbewertung durch das AMNOG (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz) führt in der heutigen Durchführungsform zu oft dazu, dass diesen Medikamenten kein Zusatznutzen bescheinigt wird. Dieses Urteil hat zur Folge, dass die Hersteller in den Preisverhandlungen mit den gesetzlichen Krankenkassen für diese in der Entwicklung teuren Medikamente in Deutschland nur einen niedrigen Preis erzielen können. Die Konsequenz bei schon einigen Präparaten: Die Herstellen verzichten auf den deutschen Markt und bieten die Präparate nur noch im Ausland an.

 Allen Diabetikern sollte jetzt klar sein, dass sie miteinander für gute Behandlungsoptionen und Zugang zu neuen, innovativen Entwicklungen im Hilfsmittel- und Medikamentenbereich kämpfen müssen. „Ich möchte mit meiner Gesundheitsstörung alt werden“ - das ist sicher unser aller Ziel. Damit dies gelingen kann, brauchen wir als Patientenverband die Unterstützung durch viele Mitglieder, denn je größer, desto schlagkräftiger können wir sein. Daher der Aufruf: Werden Sie in Ihrem eigenen Interesse Mitglied in Ihrem Patientenverband Diabetikerbund Bayern e.V. (Für Neumitglieder ab 1.1. bis zum 20.9. winken sogar tolle Preise, die unter den Anwesenden auf dem Deutschen Diabetiker Tag am 20. September in Nürnberg verlost werden.

 Prof. Janisch wies in seinem Vortrag u.a. auf die Wichtigkeit der Dokumentation, also dem Führen eines Blutzuckertagebuches hin. Sowohl der Betroffene selbst wie auch das Diabetes-Team sind nur mit nachvollziehbaren Aufzeichnungen in der Lage, Fehler im System zu finden und zu korrigieren. Ebenfalls notwendig sind die Aufzeichnungen, wenn es um die Beantragung von Hilfsmitteln wie z.B. Insulinpumpen, geht, den Antrag zur Anerkennung eines Grades der Behinderung oder auch in Sachen Fahrerlaubnis – besonders dann, wenn es zu einem Zwischenfall gekommen ist.

 „Diabetes und Zahnmedizin“ – was hat das miteinander zu tun? Viel, wie Dr. Jörg Hamel, erklärte. Eine gute Blutzuckereinstellung ist auch für die Mundgesundheit sehr wichtig. Bei gut eingestelltem Diabetes sind Implantate möglich. Schnell Handeln heißt es hier: Paradontitis und hohe Blutzuckerwerte befeuern sich gegenseitig – und haben im schlimmsten Fall auch Auswirkungen aufs Herz.

 „Neues aus der Ernährungsmedizin“ mit Frau Brackenhammer und „Wie halte ich mich als Diabetiker fit?“ mit Frau Dr. Mehnert waren weitere Themen. Drei mal zehn Minuten Bewegung am Tag ist besser als einmal 30 min. Zum Umsetzen gab sie viele kleine Tipps: Wenn Sie in den 7. Stock müssen, fahren Sie bis zum 4. mit dem Aufzug und laufen die restlichen drei – gewonnen haben Sie die Bewunderung Ihrer Freunde/Kollegen und drei Stockwerke Bewegung im Alltag! Steigen Sie öfter mal eine oder zwei Haltestellen früher aus und gehen den Rest zu Fuß. Oder: Nehmen Sie, sofern es die Witterung erlaubt, das Fahrrad. Sie zeigte auch anhand von Beispielen, wie viele Kalorien bei unterschiedlichsten Tätigkeiten verbrannt werden: Ein 80 kg schwerer Mensch verbrennt bei 30 min Gartenarbeit 200 kcal, beim Treppensteigen 280 kcal, beim Spazieren gehen 140 kcal – beim Fernsehen und im Sitzen dagegen nur 50 kcal. Radfahren bei 15 km/h verbrennt 240 kcal, bei 25 km/h sogar 410 kcal. Beim Walken sind es 260 kcal, beim langsamen Joggen (7min/km) 330 kcal. Wer es jetzt im Winter lieber drinnen mag: Schwimmen schlägt mit 350 kcal zu Buche!

 Bewegung schenkt Lebenszeit

 Ihr klares Votum: „Schenken Sie sich selbst Zeit für Bewegung“ Die Studienlage ist eindeutig: Sie gewinnen viel für die Gesundheit des Herzens, des Gehirns, der Gelenke – und vier bis sechs Jahre Lebenszeit. Diabetiker können Bewegung sogar auf Rezept erhalten: Reha-Sport (Formular 56 – sprechen Sie Ihren Arzt an!)

 Am Ende des Tages stand die neue Technik ganz im Mittelpunkt. Neu auf dem Markt ist das Flash-Glukose-Monitoring-System (FGM) Freestyle Libre. Prof. Janisch stellte es gemeinsam mit Testerin Verena Hädrich, Schatzmeisterin des Diabetikerbund Bayern, vor. Frau Hädrich, die ständig ein CGM- System (Continuierliches Glucose-Monitoring-System) trägt, hatte sich zu einem Paralleltest bereit erklärt. CGM wie FGM waren nach einigen Stunden Anlaufzeit genau und parallel – das CGM muss man dabei mit Blutzuckermesswerten immer wieder kalibrieren – das ist beim Freestyle Libre nicht nötig. Das Sensor-setzen ist einfach und schmerzlos. Beide Systeme messen den Blutzucker alle paar Minuten und zeigen Trends/Verläufe an – so weiß der Nutzer, woher der Blutzucker gerade kommt und geht – also: fällt oder steigt er, ist er konstant, fällt oder steigt er langsam oder schnell? Eine Blutzuckermessung mit dem Messgerät ist immer nur eine Momentaufnahme und sagt nichts über den Wert vor oder in 5 Minuten aus – gerade die Information des Verlaufs ist aber ein wesentlicher Punkt im vorausschauenden Handeln. Warnung: Anwender dieser Systeme benötigen eine Schulung, um nicht zu schnell und zu kurz hintereinander zu reagieren! Wo liegen die Unterschiede? Bei CGM-Systemen steht der Sensor im ständigen Kontakt mit einem Empfangsgerät – hier sind Grenzwerte hinterlegt, der Nutzer wird bei Unter- bzw. Überschreitung durch einen Alarm gewarnt. Das kann das FGM nicht. Es besteht keine ständige Verbindung zwischen Sender und Gerät. Das Empfangsgerät erfasst die Werte nur, wenn es über den Sensor geführt wird – jetzt zeigt und speichert es den aktuellen Wert inkl. des Graphen der vergangenen 8 Stunden. Der Nutzer muss, wie bei einer Blutzuckermessung, selbst aktiv werden, also z.B. bei Hypo-Gefühl sich den Wert durch aktives Führen des Gerätes über den Sensor anzeigen lassen. Daher: Personen mit Hypo-Wahrnehmungsstörungen benötigen die Warnung durch das System – sie sollten deshalb auf CGM zurück greifen. Für alle anderen ist FGM eine neue, sehr interessante Option. Es bleibt zu hoffen, dass diese neue Technik bald für alle, die davon profitieren können, zugänglich sein wird.