Berichte

Was macht wohl der Blutzucker einer Nicht-Diabetikerin?

Das durfte ich persönlich ergründen beim Probetragen eines CGM-Sensors.


Diese zehn Tage waren Abenteuer und Chance zugleich. Als zweifache Typ-F-Diabetikerin (= „nur“ Familienangehörige) verfüge ich über jahrzehntelanges Miterleben von Blutzuckerkapriolen zweier Typ 1ser. Doch wie ist das bei mir? Oder ist der Test gar gleich wieder vorbei, weil ich mir den Sensor aus Versehen rausrupfe? Letzteres ist nicht passiert – zugegeben, ich hab sicherheitshalber Tape drüber geklebt.

Klar, wusste ich schon vorher, dass auch Nicht-Diabetiker schwankende Blutzuckerwerte haben. Aber wie genau würde das aussehen? Was passiert, wenn ich dies oder jenes esse, insbesondere Pizza und Co, die bei Typ-1sern oft mal große Herausforderungen darstellen? Zumindest ohne AID. (Entschuldigung an alle Menschen mit Typ 2-Diabetes – Sie sind nicht vergessen, jedoch hab ich keinen direkten Vergleich.)

Nächste Herausforderung: Empfangsgerät ständig mit mir tragen – mein Handy war leider zu alt für die App (Zu neu geht auch nicht! User sollten sich vorher genau informieren, welche Handymodelle kompatibel sind!).

Es konnte losgehen – Alarmgrenzen bei 70 und 140 mg/dl eingestellt. Es dauerte nicht lange - Hypo-Alarm! Und vor allem kehrte er immer wieder! Schön und wichtig für Diabetiker, gut auch für mich zu wissen, dass auch ich öfter so niedrig bin, aber schnell auch nervig, besonders für meine Mitmenschen. Weil für mich keine Relevanz zum Gegensteuern (mein Körper löst das ja alleine, ich muss keine schnellen Kohlenhydrate zur Behebung essen), hab ich diese Alarmgrenze erst auf 65 und schließlich auf 60 herunter gesetzt. Dann war, zumindest fast, Ruhe mit Hypo-Alarm.

Und der Ü-140 mg/dl-Alarm? Ja, auch den gab es immer wieder. Er war extrem leicht zu erzeugen mit auf schnellen Kohlenhydraten basierenden ungesunden Snacks! Ja, ich hab alle Hypo-Behebungsmittel ausprobiert. Der Blutzucker schoß nach oben – so schnell kam auch meine Bauchspeicheldrüse nicht nach! Aber der Pik hielt nur kurz, sie reagierte schnell – und schon stürzte der Blutzucker wieder nach unten. In der Regel landete er unter dem Ausgangswert. Kein Wunder, dass sich dann ein Hungergefühl meldete. Mein niedrigster Wert nach einer solchen Aktion: 55 mg/dl!

Mein Top-Wert lag bei 175 mg/dl! Nein, nicht bei Gummibärchen, Traubenzucker und Co – es war eine normale Bäcker-Breze, 4 BE bzw. 5 KE. Einfach mal zwischendurch beim Einkaufen verschluckt! Sakradi! So krass hätte ich das nicht erwartet. Hm, wenn‘s doch bloß mehr Vollkorn-Brezen gäbe – ja, damit lief es besser, auch mit der Butterbreze.

Pizza, Reis-, Nudel-Gerichte usw. – meine Familie kam auf den Geschmack, ich hatte jede Menge Hausaufgaben (= Testessen) zu erledigen. Fazit: Alles in Kombination mit Eiweiß und/oder Fett – also Mischkost – ließ den Blutzucker zwar naturgemäß mal mehr, mal weniger schnell, aber nie rasant ansteigen und danach auch wieder fallen, ohne Sturzflug. Das Wichtigste dabei: mit „normalem“ Essen, also Kombi Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett, geriet ich nie über die 140 mg/dl-Grenze, nur manchmal kurzzeitig nah dran. „Nackige“ Nudeln oder Reis hab ich nicht gegessen, deshalb hierzu keinen Erfahrungswert von mir. Irgendwie waren die 10 Tage Testzeit für alles einfach auch zu kurz!

Weil noch nicht fit nach einem Infekt, fiel leider auch der Test aus, wie und ob sich Sport bei mir auswirken würde - schade!

Mein Fazit: Ich habe Überraschungen erlebt und viel gelernt. Sicher ist jetzt auch – ich bin bisher weder Prä- noch manifestierte Diabetikerin. Und: „Nervennahrung“ Gummizeug (Gummibärchen und Co.) gibt es seitdem nur noch dosiert und/oder in Kombination mit „Langsam-Machern“, also z.B. als Nachspeise oder in Kombi mit gesunden Nüssen. „Zucker“-Limo ist und bleibt bei uns nur „Unterzucker-BE“...

Ich würde mir wünschen, dass neu diagnostizierte, interessierte Menschen mit Typ-2- bzw. Prä-Diabetes die Chance bekommen würden, einmal einen Sensor zu tragen – gut vorbereitet, begleitet und angeleitet. Es könnte die Augen öffnen, was wie auf den eigenen Blutzucker wirkt und wie man mit kleinen Veränderungen positiv auf den eigenen Stoffwechsel einwirken kann – also abstraktes Schulungswissen direkt erlebbar gemacht! Ich bin überzeugt, dass dies ein Baustein sein könnte, die Motivation für die nötigen Lebensstiländerungen zu erhöhen. (Marion Köstlmeier)

Sensorkurve Brezen-Selbstversuch - geht bis 170 hoch!
Sensordaten Brezen-Selbstversuch einer Typ-F-Diabetikerin © Marion Köstlmeier