Berichte

Inklusion von Anfang an

So lautete das diesjährige Motto der Kundgebung zum Europaweiten Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung auf dem Münchner Marienplatz.

Bei nahezu idealem Wetter trafen am späten Vormittag Aktive aus zahlreichen Mitgliedsverbänden der Landesarbeitsgemeinschaft SELBSTHILFE Bayern e.V. (LAG SELBSTHILFE) zum Aufbau ein und legten sogleich los. Mit vereinten Kräften war bis zum offiziellen Beginn um 13 Uhr alles geschafft.

Schon während des Aufbaus wurde das internationale Publikum auf dem Marienplatz auf uns aufmerksam. Man kam ins Gespräch und traf auf viel Verständnis und offene Ohren in Bezug auf Inklusion. „Das müsste viel öfter thematisiert werden“ und „Danke, dass ihr euch hier einsetzt – es ist so wichtig“ hörten wir immer wieder. Häufig wurde angesprochen, dass Inklusion noch viel zu wenig stattfindet. Viele berichteten von Negativ-Erfahrungen aus ihrem Umfeld. Natürlich gab es auch Aufklärungsbedarf: Behinderung ist in den meisten Fällen nicht angeboren, sondern im Laufe des Lebens erworben – durch eine Erkrankung oder Unfall. Es war so manches Mal wichtig zu erklären: Jeder kann schon morgen betroffen sein!

Neben einem Bühnenprogramm mit Show-Acts und einer Podiumsdiskussion mit Politikern aller im Landtag vertretenen Parteien, waren in der Fläche diese drei „Tatorte“ aufgebaut: Barrierefreiheit, Bildung und Arbeit und Medizinische Versorgung. Betreut wurde jede Station von einem „Ermittlerteam“, das Ansprechpartner für Passanten war. Die Sprecher der Teams erläuterten den Politikern beim Tatortrundgang die Kernforderungen des jeweiligen Tatortes. Schade, dass ein Großteil der Umstehenden den Gesprächen aufgrund des Windes und der allgemeinen Geräuschkulisse nicht oder nur schwer folgen konnte. Klarer Vorteil für alle, die die Gebärdensprache beherrschten, denn überall wurde von Gebärdendolmetschern übersetzt.

Grundtenor von Podiumsdiskussion und Politikerrundgängen: Es ist erkannt und bekannt, dass es noch sehr viel zu tun gibt, bis Inklusion tatsächlich verwirklicht sein wird. Die Bayerische Staatsregierung hat die Barrierefreiheit bis 2023 zugesagt. Die LAG SELBSTHILFE Bayern e.V., Dachorganisation von derzeit 110 Selbsthilfeverbänden behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen in Bayern, wird nicht locker lassen und auf Umsetzung drängen.

Im Zugzwang ist aber nicht nur die Staatsregierung, sondern das ist eine Aufgabe für uns alle. Barrierefreiheit bedeutet viel mehr als bauliche Gegebenheiten, wir müssen sie auch in unseren Köpfen verwirklichen, z.B. in Bezug auf Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft. „Behinderung“ und „Barrierefreiheit“ ist vielfältig – nicht jede Beeinträchtigung ist sofort oder überhaupt sichtbar. Von vornherein „geht nicht“ darf es nicht mehr geben.

Warum engagieren wir uns als Diabetikerbund Bayern an einem solchen Tag, mag sich der ein oder andere fragen. Diabetes ist oft unsichtbar, das stimmt. Dennoch müssen wir uns alle wirklich täglich um ihn kümmern, Kinder mit Diabetes in Kitas und Schule klappt nicht immer und selbstverständlich – man denke auch an Diabetiker mit Folgeerkrankungen an Niere, Augen, Füßen, nach Schlaganfall usw.

Mehr Informationen – z.B. Tatortplakate mit Kernforderungen und Programm finden Sie hier. Der Protesttag wurde finanziell gefördert von der Aktion Mensch.

Einer der Tatorte mit "Ermittlerteam" © LAG SELBSTHILFE Bayern 2018
Beim Politikerrundgang (v.li.n.re.): Thomas Bannasch (Geschäftsführer LAG SELBSTHILFE Bayern e.V.), MdL Eva Gottstein (Freie Wähler), MdL Joachim Unterländer (CSU), Petra Tuttas (Bündnis 90/Die Grünen), Irmgard Badura (Behindertenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung), MdL Ilona Deckwerth (SPD) © LAG SELBSTHILFE Bayern 2018
Großes Interesse beim Politikerrundgang am Tatort "Bildung und Arbeit" © LAG SELBSTHILFE Bayern 2018
Performance mit Kassandra Wedel und Nikita Dance Crew © LAG SELBSTHILFE Bayern 2018
Blick von oben auf die Veranstaltung © LAG SELBSTHILFE Bayern 2018
Abschlussbild mit vielen der Aktiven © LAG SELBSTHILFE Bayern 2018