Kolumne

Brauchen wir Zuckersteuer oder Ampel?

Aktuell gibt es wieder Diskussionen um eine Zuckersteuer oder eine Lebensmittelampel. Durch die Steuer sollen Lebensmittel und Softgetränke, denen viel Zucker zugesetzt wurde, teurer werden. Die Befürworter meinen, sie würden dann weniger gekauft und konsumiert. Die Zuckersteuer wäre also eine Art „Strafsteuer“ mit Lenkungsfunktion – kann sie das?


Wussten Sie, dass wir bis 1993 eine Zuckersteuer hatten? Zucker war lange Zeit Mangelware, galt als weißes Gold, ein wahres Luxusgut. Das ist lange vorbei – heute ist Zucker alles andere als Luxus. Er ist allgegenwärtig – offen und versteckt. Und genau letzteres sehe ich als Problem.


Großbritannien will jetzt eine zweistufige Steuer auf Softdrinks einführen – bei 5g/100ml geht es los, Stufe 2 startet ab 8g/100ml. Dadurch soll sich der Preis ganz erheblich erhöhen, liest man. Mit den Einnahmen will man den Sport in der Grundschule fördern. Großbritannien ist nicht das erste Land, das eine Zuckersteuer einführt – Mexiko, Ungarn, Frankreich und Belgien haben schon ähnliches. Die Erfahrungen bisher: Es wird zwar weniger Süßes konsumiert, aber das Gewicht sinkt nicht.


Dass in üblicher Limo und Cola viel Zucker ist, müsste heute wirklich jeder wissen. Das Hauptproblem liegt im „versteckten Zucker“. Beispiel: die meisten Kraut-, Karotten- oder Gurkensalate aus dem Kühlregal, schnell als vermeintlich gesunde Beilage gekauft – lesen Sie mal die Zutatenliste: Wasser – Zucker – und dann kommt erst das Gemüse! Effekt: Da ist etwa eine BE Zucker pro 100 g enthalten! Hätten Sie das vermutet?


Dabei hat man hier die Chance, den Zucker wenigstens an prominenter Stelle in der Zutatenliste zu finden – es geht aber raffinierter: Heute versteckt sich Zucker hinter unzähligen Begriffen. Ja, die Lebensmittelindustrie hat verstanden, dass Zucker in Verruf geraten wird. Ihre Lösung: Vielen Lebensmitteln wird nicht mehr nur eine Zuckerart zugesetzt, sondern gleich ein ganzer Cocktail in dann natürlich jeweils geringerer Einzelmenge – also weder begrifflich noch mengenmäßig leicht in der Zutatenliste zu identifizieren – die wenigsten von uns sind Chemiker.


Auch diskutiert: Eine Ampelkennzeichnung. Nur - wie soll die denn aussehen? Werden alle Nahrungsmittel grün, die wenig oder keinen zugesetzten Zucker enthalten? Dann wäre auf Light-Cola eine grüne Ampel - also ist es damit gesund??? Oder heißt "grün" mal wenig Zucker und mal wenig Fett? Diesen Unsinn haben wir schon mit der Light/Lite-.Kennzeichnung. Wenn überhaupt eine Ampel, dann müssten hier aus meiner Sicht viele Aspekte mitbewertet werden - Fett, Zucker, Zusatzstoffe usw.. Und damit dürften die wenigsten Fertigprodukte mit einer grünen Ampel gekennzeichnet sein.


Da hilft nur noch eins und ich bin heilfroh, dass wir endlich die verbindliche Lebensmittelkennzeichnung mit Nährwerttabelle haben, wo Kohlenhydrate und Zucker leicht zu recherchieren sind. Diese Tabelle sollte wirklich jeder lesen und interpretieren können. Unser Lehrplan enthält so viel, was nur kurz eingetrichtert und dann nach Ex und Co. gleich wieder vergessen wird – dies wäre Lernen fürs Leben, sinnvoll und wichtig für den Einzelnen und die Gesellschaft.


Wir wollen und brauchen keine Zuckersteuer – sie würde ihre Wirkung ebenso verfehlen wie Alkohol- und Tabaksteuer. Es geht um Aufklärung und nicht um Bevormundung oder Bestrafung.


Mit Zucker ist es wie mit allem: Die Dosis macht das Gift.


Denken wir mal anders herum – z.B.

  • weniger oder, gleich ganz radikal, keine Steuern auf unverarbeitetes Obst und Gemüse!
  • anstatt Schokoriegel und klebrige Backwaren Äpfel und Bananen im Pausenverkauf!
  • weg mit ungesundem Süßkram in Kassennähe – warum hier nicht auch mal Obst platzieren?


Ihre Marion Köstlmeier