Berichte

DIABETES@WORK – Initiative zeigen für eine gesunde Arbeitswelt

Am 1. März waren Politiker und Experten ins SiemensForum nach München eingeladen, um über Möglichkeiten zu mehr Gesundheit am Arbeitsplatz zu diskutieren. Denn so viel ist klar: Das Durchschnittsalter der Beschäftigen in den Betrieben steigt. Die Arbeitnehmer bleiben bis zu einem höheren Lebensalter im Arbeitsprozess, damit steigt auch die Zahl der chronisch Kranken am Arbeitsplatz.

Janina Kugel, Mitglied im Vorstand und Arbeitsdirektorin der Siemens AG hieß die Teilnehmer im SiemensForum herzlich willkommen. Die Prävention und Begleitung von chronischen Erkrankungen bei Mitarbeitern sei der Siemens AG ein großes Anliegen, denn der Schlüssel zum Erfolg seien gesunde und leistungsfähige Mitarbeiter. Siemens startete daher 2013 das unternehmensweite Programm „Healthy@Siemens“.

Melanie Huml, Bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pflege und Landesschirmherrin der bundesweiten Initiative diabetes@work bekräftigte: „Die Gesundheit der Arbeitnehmer muss Chefsache sein.“ Sie appellierte an Unternehmen, ihre Belegschaft in der gesunden Lebensweise zu unterstützen. Sie ging auf die Daten aus dem Bayerischen Diabetesbericht ein, wobei sie zunächst die verschiedenen Diabetestypen erläuterte und hier darauf hin wies, dass Prävention derzeit nur für den sehr viel weiter verbreiteten Diabetes Typ 2 möglich ist. Laut Bayerischem Diabetesbericht sind aktuell in Bayern ca. eine Million Menschen an Diabetes erkrankt, darunter 300.000 im erwerbsfähigen Alter (15 bis 65 Jahre). Die Zahl steigt weiter. Heute dürfen gesundheitsfördernde Maßnahmen in Betrieben nicht mehr nur darauf abzielen, spezielle arbeitsplatzbezogene Belastungen zu vermeiden. Gerade in der immer älter werdenden Belegschaft müssen die körperlichen, seelischen und sozialen Bedürfnisse ihre Beachtung finden. Angebote in Vorsorge, gesunder Ernährung und Bewegung sollten geschaffen werden.

Es folgten kurze Statements zum betrieblichen Gesundheitsmanagement in der Siemens AG von Dr. Ralf Franke, Leitender Arbeitsmediziner, und Alf van der Wetering, Mitglied im Gesamtbetriebsrat, beide Siemens AG. Nach einem kurzen Impulsgespräch zum Umgang mit chronischen Erkrankungen am Arbeitsplatz mit Prof. Dr. Rüdiger Landgraf, Deutsche Diabetes Stiftung, und Dr. Hans Unterhuber, Vorstandsvorsitzender der Siemens Betriebskrankenkasse (SBK), eröffnete die Moderatorin Lisa Braun, Presseagentur Gesundheit, den politischen Dialog.

Podiums-Teilnehmer waren:

  • Erich Irlstorfer, MdB, Mitglied Ausschuss Gesundheit, CDU/CSU-Bundestagsfraktion
  • Ulrich Leiner, MdL, Mitglied im Ausschuss Gesundheit und Pflege, Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag
  • Martina Stamm-Fibich, MdB, Mitglied im Ausschuss Gesundheit, SPD-Bundestagsfraktion
  • Anne-Kathrin Klemm, Abteilungsleiterin Politik des BKK Dachverbands
  • Frau Stude in Vertretung von Seppel Kraus, IG BCE Bayern
  • Dr. Anette Wahl-Wachendorf, Vizepräsidentin des VDBW

Im Publikum vertreten: Dr. Christoph Neumann und Dr. Annemarie Voll, beide Mitglied im Vorstand des Berufsverbands niedergelassener Diabetologen in Bayern (bndb), Arbeitsmediziner, Arbeitgeber, Bundes- und Landespolitiker, Selbsthilfevertreter, darunter mehrere Aktive des Diabetikerbund Bayern, und weitere mit Gesundheit im Beruf befasste Personen.

Das Präventionsgesetz legt fest, dass Krankenkassen ab 2016 mind. zwei Euro pro Versicherten für betriebliche Gesundheitsförderung investieren müssen. Aus dem Publikum wurde dargelegt, beim Abruf solcher Mittel seien viele bürokratische Hürden zu überwinden – das Procedere können große Firmen stemmen, kleine und mittlere Unternehmen, die auch gerne etwas für ihre Mitglieder bieten wollen, geben oft resigniert auf.

"Was läuft im Bereich Diabetes gerade schief?" war das nächste Thema. Prof. Landgraf: Typ 2-Diabetiker outen sich nicht gerne – viele fühlen sich diskriminiert durch Schuldzuweisungen, die Erkrankung sei selbst verursacht. Dabei ist klar: Auch Typ 2-Diabetes fußt auf einer genetischen Grundlage, die einst diesen Menschen sogar einen Überlebensvorteil brachte. Typ 2-Diabetes muss dringend enttabuisiert werden. Mehr Menschen, gerade Männer, sollten Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. Betriebsärzte wissen selten vom Diabetes, dabei könnten sie helfen, betonten diese.

Ein weiteres Thema waren die Disease-Management-Programme, kurz DMPs. Sie wurden vor zwölf Jahren als „lernendes System“ eingeführt, aber leider nie richtig nachjustiert. Dr. Unterhuber bezeichnete die DMPs als „nicht das Gelbe vom Ei“, jedoch seien die Betroffenen seither besser eingestellt. Prof. Landgraf appellierte, die DMPs dringend zu überarbeiten und an aktuelle Erkenntnisse anzupassen. Wichtig sei auch, Patienten all ihre Untersuchungen und Befunde schriftlich auszuhändigen. Sinnvoll sei die schon lange angekündigte interdisziplinäre elektronische Gesundheitskarte. Alle Informationen müssten zwischen allen Beteiligten fließen, auch dem Patienten.

Die elektronische Gesundheitskarte rief die Politiker zurück ins Geschehen. Dabei wies Herr Irlstorfer die Verantwortung der Politik an der jetzigen Situation zurück. Frau Stamm-Fibich sah einen der Verzögerungsgründe in wechselnden Personen und Zuständigkeiten. Landespolitiker Leimer appellierte, die Gesundheit und das Voranbringen wichtiger Projekte als gesamtgesellschaftliche Aufgabe über Parteigrenzen hinweg zu sehen.
Ein weiterer Kritikpunkt war, dass viele gute, kleine Projekte existieren, aber keine Plattform oder Vernetzung, von der andere lernen und profitieren könnten. Auch hier sind alle gemeinsam gefordert. Generell muss alles auf Freiwilligkeit basieren, darüber bestand Einigkeit. Wir brauchen einen breiten, niederschwelligen Zugang zu Angeboten. Ein wichtiger Multiplikator sind die Kinder, die vieles in die Familien tragen. Wichtig sei auch, Selbsthilfegruppen mit einzubeziehen.

Weitere angeschnittene Themen waren die Ampel-Kennzeichnung von Lebensmitteln, Werbung für Kinder usw. Sie sehen, es wurden vielen Themen angesprochen.

Wollen wir hoffen, dass Positives baldmöglichst umgesetzt wird zum Wohle von uns allen. Wir unterstützen, wo möglich, gerne.