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Deutscher Diabetiker Bund verärgert über „kommunikative Fehlleistung der Gesundheitspolitik“ Fragen des Bundesverbandes im Vorfeld der Wahlen ignoriert – DDB-Vorsitzender Möhler: „Darauf werden wir reagieren“

Kassel/Berlin (dk). Der Deutsche Diabetiker Bund (DDB) setzt sich erneut kritisch mit der Gesundheitspolitik auseinander. „Diese Gleichgültigkeit werden wir uns nicht bieten lassen. Bisher haben wir zuviel auf das Reagieren gesetzt, ab heute werden wir sofort mitgestalten. Wer im Amt ist oder dorthin will, der trägt Verantwortung für die chronisch Kranken“, sagt DDB-Bundesvorsitzender Dieter Möhler. Der Bundesvorsitzende des DDB reagiert damit auf „das Aussitzen der Politik“, im Vorfeld der anstehenden Wahlen elf schriftlich eingereichte Fragen zu beantworten. „Wenn das die Art von Gesundheitspolitik ist, welche die große Politik vorsieht für die mehr als sechs Millionen Diabetiker und deren Angehörige – dann gute Nacht Deutschland! Darauf wird der Wähler reagieren“, ist sich Möhler sicher.

 

Der Deutsche Diabetiker Bund hatte elf Wahlbausteine formuliert und unter dem Schlaglicht „Unsere Top-11 für den Wahl-Herbst 2013“ veröffentlicht. Zugleich bat der Bundesverband führende Politiker in Hessen, Bayern und Berlin schriftlich, die Fragen zu beantworten. Der DDB stellte beispielsweise diese Fragen: 

  • Wird die Lebensqualität der Patienten bei der Nutzenbewertung und Vergleichstherapie  von Medikamenten ausreichend berücksichtigt?
  • Haben Diabetiker den Rechtsanspruch, der ihnen zusteht?
  • Ist die Gesundheitspolitik zur Früherkennung des Diabetes und zur Vermeidung von Folgeerkrankungen ausreichend? 
  • Wie informiert über die chronische Stoffwechselerkrankung Diabetes ist die Gesellschaft? Ist die externe und interne Kommunikation der Landes- und Bundespolitik ausreichend?  
  • Wie die externe Kommunikation vor Wahlen aussieht, das wissen wir jetzt“, sagt Möhler und ergänzt: „Im Grunde hätte ein Blick auf unsere Internetseite genügt, auf der wir als Bundesverband die Fragen aus unserer Sicht auch gleich beantwortet haben. Aber offenbar ist schon das zu viel Aufwand.“ Denn: Nur wenige Politiker reagieren auf die Anfragen des DDB. 

 

Folgende Politiker reagieren überhaupt nicht: Dr. Karl Lauterbach (SPD), Mitglied des Deutschen Bundestages, Gesundheitsexperte und – Mehrheitsverhältnisse der SPD vorausgesetzt – der Top-Kandidat auf den Posten des Bundesministers für Gesundheit. Ulla Schmidt, die dieses Amt von 2001 bis 2008 inne hatte und noch immer gesundheitspolitisch aktiv ist, antwortet ebenfalls nicht. Feedbacks von der Linkspartei, im Juni bei einer Podiumsdiskussion des Deutschen Diabetiker Bundes in Essen dabei, oder aus den Landesministerien in Hessen und Bayern? Fehlanzeige! Das Sozialministerium Hessen und Bündnis 90/Die Grünen verweisen auf ihre Fraktionssprecher in den Landtagen, danach herrscht von allen Seiten erneut Funkstille. 

 

Jens Spahn (Bundestagsabgeordneter und Stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion) und Susanne Schneider (FDP-Landtagsabgeordnete in Nordrhein-Westfalen und gesundheitspolitische Sprecherin für Nordrhein-Westfalen) liefern als einzige umfangreiche Antworten. Schneider, im Juni ebenfalls Teilnehmerin an einer Podiumsdiskussion des Deutschen Diabetiker Bundes in Essen, liefert allgemeine Aussagen zur Gesundheitspolitik für das Bundesministerium für Gesundheit mit. Dr. Markus Masin, Gesundheitsexperte und Diabetologe der „Alternative für Deutschland“ (AfD) schreibt ebenfalls zurück: „Die Fragen wurden beantwortet und werden derzeit durch unseren Ausschuss verabschiedet.“

 

DDB-Vorsitzender Dieter Möhler bezeichnet es als „kommunikative Fehlleistung der Gesundheitspolitik, auf eine freundliche Anfrage des einzigen großen Selbsthilfeverbandes auf Bundesebene nicht zu reagieren. Der Deutsche Diabetiker Bund ist Mitglied des Aktionsbündnisses Deutscher Behindertenrat. Möhler: „Dieser Rat ist eine anerkannte Patientenorganisation. Der Deutsche Diabetiker Bund ist dadurch satzungsgemäß berufen, sämtliche themenbezogene Aspekte zu Diabetes mellitus im Gemeinsamen Bundesausschuss zu formulieren und offensiv zu vertreten – und zwar völlig frei von Beeinflussungen von dritter Seite. Angesichts der Einschnitte, die über Diabetiker in Deutschland in den vergangenen Jahren im Hinblick auf Medikation und Therapie hereingebrochen sind, dürfen wir Antworten erwarten“, so Möhler. Zugleich stellt er klar, dass der Deutsche Diabetiker Bund ab 2014 die Gesundheitspolitik unmittelbar stellen wird – der Umzug von Kassel in die Bundeshauptstadt Berlin steht bevor. „Dann werden wir direkt vor Ort den Finger in die gesundheitspolitischen Wunden legen, von denen es zu viele gibt. 

 

Für dringend notwendig hält der Bundesverband einen politischen Konsens darüber, wie künftig bei der medizinischen Versorgung und Betreuung von mehr als sechs Millionen Menschen – und deren Auswirkungen auf Angehörige – verfahren werden soll. Die medizinische Versorgung und Betreuung von mehr als sechs Millionen betroffenen Menschen in Deutschland darf nicht davon abhängen, ob sich die künftigen Kommunal-, Landes- oder Bundesregierungen gerne in schwarz und gelb, rot und grün oder anderen Farbkombinationen schmücken, stellt der DDB klar. 

 

Zugleich fordert der Bundesverband einen schnellen gesundheitspolitischen Richtungswechsel der Bundesregierung sowie des Gemeinsamen  Bundesausschusses bei der Nutzenbewertung. „Wenn es schon eine evidenzbasierte Medizin geben muss, dann muss diese an internationalen Kriterien ausgerichtet sein. Themenbezogen muss der Deutsche Diabetiker Bund effektiv an allen Prozessen beteiligt werden“, fordert Vorstandsvorsitzender Möhler und legt nach: „Vorgebliche Sparzwänge in der Gesundheitspolitik dürften nicht die gesetzgeberische Vorgabe aushebeln, wonach den besonderen Belangen der chronisch kranken Menschen wie Diabetikern besondere Berücksichtigung zu geben ist. Der Bundesgesundheitsminister hat jüngst in einer Presseerklärung große Selbsthilfeverbände  wie den DDB für deren Dienst am Menschen gewürdigt und in Zeiten von Diskrepanz und Missgunst eindeutig den Rücken gestärkt.“ 

 

Der Bundesverband erklärt sich in seiner Funktion als Selbsthilfeverband bereit dazu, den gesellschaftlichen Aspekten Rechnung zu tragen. Gerade durch die Selbsthilfe wirke der Deutsche Diabetiker Bund aktiv dabei mit, Menschen vom Kindesalter an zu motivieren, Essverhalten und Bewegung sinnvoll aufeinander abzustimmen. Und: Nachhaltige  Informationsvermittlung sei im Blick auf Kostenreduzierungen im Gesundheitssystem von zentraler Bedeutung. Möhler: „Für uns als Verband ist klar, dass in Deutschland die Selbsthilfe eine besondere Bedeutung hat. Dieser Bedeutung muss nach den Wahlen jedoch gesundheitspolitisch wesentlich mehr Rechnung getragen werden.“

Deutscher Diabetiker Bund, E-Mail: infodiabetikerbund.de, Internet: www.diabetikerbund.de