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Leo-Malcherczyk-Medaillen 2017 - Gold: Verena Hädrich, Silber: Klaus Walter (†)

Seit 2014 verleihen wir, der Diabetikerbund Bayern, im Gedenken an unser Ehrenmitglied und ersten Landesvorsitzenden Leo Malcherczyk (* 1923, † 2008), jährlich die Leo-Malcherczyk-Medaille in Gold und Silber an Persönlichkeiten, die sich in der Selbsthilfe für die Verbesserung der Lebenssituation der Betroffenen besonders verdient gemacht haben.

 

2017 bot die Landesmitgliederversammlung am 4. November in Bad Windsheim hierfür den würdigen Rahmen.

 

Unsere Preisträger 2017:
Gold: Verena Hädrich, Erlangen
Silber: Klaus Walter (†), Feucht

 

In den folgenden Laudationes wird klar, weshalb sowohl Verena Hädrich, wie auch Klaus Walter (posthum) diese Auszeichnung wirklich verdient haben:

 

Verena Hädrich
Laudator Klaus Hohlweg

 

Liebe Mitglieder, heute handelt es sich um eine Person, die ich zu meiner Anfangszeit Mitte der 80er Jahre persönlich als Selbsthilfegruppen-Leiter der SHG Kulmbach nicht kennengelernt habe. Wir sind uns damals in den Landesversammlungen nur begegnet. Alles war für uns neu. Viele der Mitglieder im damaligen Landesvorstand und SHG-Leiter sind heute nicht mehr unter uns. Die Zeit ist vergangen, es gab Änderungen – vor allem auch im Landesvorstand. Ich habe sie erst in den 90er Jahren als SHG-Leiter der SHG Bayreuth wieder getroffen. Damals war sie als Mitglied im Landesvorstand noch sehr ruhig und ist nie aufgefallen, hat brav ihren Tätigkeitsbericht vorgetragen und alles wurde anstandslos abgesegnet.

 

Irgendwann kamen immer mehr Mitglieder, immer mehr Selbsthilfegruppen, immer mehr Probleme, wesentliche Änderungen vor allem für die Selbsthilfegruppenleiter und viel, viel Arbeit.

 

Liebe Verena,
Du bist seit 1988 Landesschatzmeisterin im Diabetikerbund, hast sechs Wechsel der Landesvorsitzenden überstanden und hast in dieser Zeit eine Wahnsinnsmenge an Erfahrungen gesammelt. Das ist kein Wunder bei einer Betreuung von fast 5.000 Mitgliedern, zwischenzeitlich bis zu über 100 Selbsthilfegruppen und die Verantwortung von ca. 400.000 Euro jährlichen Haushaltsmitteln – hierzu gehören auch die Finanzberichte für die Jahresabschlüsse, die Berichte für das Finanzamt, Landeskrankenkassen und dem Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS). Des Weiteren kommen noch hinzu: die Abrechnungen der Selbsthilfegruppenleiter verbunden mit dem jeweiligen Bearbeiten der Förderanträge und Abrechnungen mit den Regionalen Runden Tischen sowie dem ZBFS, die Verwaltung der Gruppensterbegeldversicherungen und somit die Betreuung der Versicherten in allen Bundesländern, weil hier entsprechende Verträge mit den Landesverbänden abgeschlossen wurden, und die Betreuung der Halbtagskräfte in der Landesgeschäftsstelle Nürnberg und in München. In der Vergangenheit betreutest Du noch die Mitgliederverwaltung mit der Mitgliederdatei und hast Dich um den Einzug der Mitgliedsbeiträge gekümmert.

 

Nach dem plötzlichen Tod von Klaus Walter im Juli 2017 übernahmst Du auch die Leitung der SHG Typ 1 Schwabach.

 

Im Rahmen Deiner Vorstandsarbeit fallen u.a. noch zusätzliche Besprechungen, Telefonate und Mails sowie Kontakte mit Selbsthilfegruppenleitern, Mitgliedern, den Finanzgebern und vieles mehr an. Es ist deshalb kein Wunder, wenn Du bei dieser Unmenge von Arbeit manchmal nicht mehr weißt, wo Dir der Kopf steht.

 

Die jeweiligen Ämter der Landesschatzmeisterin und Vertreterin des Vorstandsvorsitzenden verbunden mit der Satzung und Geschäftsordnung erfüllst Du mit Leben und bist mit Herzblut und großer Motivation dabei. Gerade dazu gehören auch kritische Worte, auch mal gegen den Strom schwimmen, sich kämpferisch durchsetzen, manchmal auch stur bleiben, seine Meinung nach außen zu kämpferisch vertreten, sich nicht alles gefallen lassen aber auch wieder versöhnlich zeigen, die Mitarbeiter und Selbsthilfegruppenleiter wieder zu motivieren, kurzum: den Laden auch mal wieder zusammenzuhalten.

Gerade dies beherrschst Du ganz hervorragend, wobei Du ganz nebenbei hauptamtlich Grundschullehrerin, Vollzeit-Ehefrau, dreifache Mutter und fünffache Oma bist - wobei das Letztere wohl Dein liebstes Hobby ist.

 

Mit all diesen Aufgaben bist Du den ganzen Tag beschäftigt. Da ist es kein Wunder, dass Du fast die ganze Nacht Zeit für den Diabetikerbund benötigst. Eigentlich müssten Deine Tage zwei mal 24 Stunden haben. Denn viele Gespräche und Kontakte laufen bei Dir nur in der Nacht. Das sieht man u.a. bei Deinen Mails, die um Mitternacht geschrieben werden.

 

Liebe Verena, zum Schluss sage ich herzlichen Dank, auch im Namen des Vorstandes, aller Selbsthilfegruppenleiter und Mitglieder für Dein beispielhaftes Engagement, Deine beachtenswerte Tatkraft, den Gemeinsinn für das Wohl im Verein und der Öffentlichkeit.

 

Für Deine Verdienste darf ich Dir die Leo-Malcherczyk-Medaille in Gold des Diabetikerbundes Bayern aushändigen.

 

Klaus Walter †
Laudator: Dr. R. Herrmann

 

Liebe Freunde von unserem Klaus Walter, liebe Anwesende,
wir denken heute hier und jetzt an unseren Klaus Walter, der am 13. Juli 2017 im Alter von 61 Jahren durch den Tod plötzlich aus unserer Mitte gerissen wurde. Klaus war ein sehr engagierter und begeisterter Mitstreiter im Bereich der Diabetes-Selbsthilfegruppenarbeit in Bayern.

 

Wer war unser Klaus? Was hat er uns bedeutet? Was haben wir an ihm geschätzt? Wo fehlt er uns?

 

Das sind wichtige und vielfältige Fragen, wenn wir uns jetzt an ihn erinnern, wenn wir ihn gleichsam nochmal vor unseren Augen, in unserem Gedächtnis lebendig werden lassen. Stellen wir uns gezielt den Erinnerungen an ihn. Denn nach einem Zitat von Jean Paul sind die Erinnerungen das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können. So stand es auf der Todesanzeige von unserem Klaus.

 

Also nochmal: Wer war unser Klaus? Was hat er uns bedeutet? Was haben wir an ihm geschätzt? Wo fehlt er uns?

 

Erwarten Sie von mir auf diese Fragen keine umfassenden, objektiven Antworten. Dazu fühle ich mich nicht in der Lage, denn dafür kannte ich ihn nicht gut genug.

 

Erstmals bin ich Klaus, ich denke es war 2010, beim Insulinertreffen in Rahrbach begegnet, in der Folge beim Insulinpumpentag in der Saale-Klinik in Bad Kissingen, unsere Wege haben sich anschließend immer wieder bei Veranstaltungen für Diabetiker gekreuzt, so durfte ich mehrmals ein Stück seines Weges mit ihm gemeinsam gehen: dabei habe ich ihn in seiner originellen und begeisterungsfähigen Art sehr schätzen gelernt. So ist es für mich stimmig, wenn ich aus meiner persönlichen Sichtweise einiges von dem Unikat Klaus Walter uns noch einmal bewusst mache.

 

Ohne Klaus stünde ich heute sicher nicht hier, ohne Klaus wäre mein punktuelles Engagement für die Sache der Diabetiker-SHGn in der bisherigen Weise vermutlich in diesem Umfang nicht zustande gekommen.

 

Klaus war ein engagierter Verfechter und Mitstreiter in der Selbsthilfegruppenarbeit, und zwar nicht nur für Diabetiker, sondern auch für die Anonymen Alkoholiker.

 

Speziell über seinen Einsatz bei der SHG-Arbeit für Diabetiker möchte ich uns einige wesentliche Punkte ins Gedächtnis rufen:

 

Gleich nach Beginn seiner Diabeteserkrankung, nämlich bereits 1994, wurde er Mitglied im Diabetikerbund Bayern. Seit 2006 war er Beisitzer im Vorstand, unter anderem als Sozialreferent (Schwerpunkt Versicherungsfragen).

 

2008 übernahm er die Leitung der Typ 1-SHG Schwabach (zuvor schon Stellvertreter in der SHG). Zwei Tage vor seinem Tod war er beim Gruppentreffen in Schwabach noch aktiv mit dabei. Die Teilnehmer waren alle sehr betroffen, miterleben zu müssen, wie schnell unser Klaus gehen musste.

 

Seit 2016 war Klaus zusätzlich der Vorsitzende des Stiftungsbeirates der „Diabetikerstiftung Mittelpunkt Mensch“ beim Deutschen Diabetiker Bund.

 

Soweit einige markante Punkte, die den Einsatz von Klaus in der Selbsthilfegruppenarbeit ein wenig verdeutlichen. Ich erlebte Klaus als jemand, der immer zur Stelle war, wenn es in seinem Umfeld auf die Stimme von Menschen mit Diabetes ankam. Er setzte sich auch dafür ein, dass das Anliegen von Diabetikern in der Öffentlichkeit entsprechend wahrgenommen wurde. In meiner knapp 10-jährigen Bekanntschaft mit ihm, ja ich möchte sagen Freundschaft mit ihm, habe ich Klaus als einen beeindruckenden Menschen kennen und schätzen gelernt. Manche von ihnen mögen teilweise ein etwas anderes Bild vom ihm haben, so etwas ist ganz normal.

 

Klaus war für mich ein engagiertes Original, der sich mit Begeisterung und Ausdauer, aber auch mit einer vielfältigen Fachkompetenz für die SHG-Arbeit einsetzte – als Stichwort seien genannt: außer dem Diabetes kümmerte er sich insbesondere um Versicherungsfragen, um soziale Belange von Betroffenen. Er verfügte über sehr differenzierte sprachliche Fähigkeiten; so schrieb er auch immer wieder Kommentare und Artikel in Diabetiker-Zeitschriften. Er verfügte also über eine vielfältige Fachkompetenz, mit der er sich zum Wohl von chronisch kranken Menschen in der Selbsthilfegruppenarbeit einsetzte.

 

Freilich - er hatte manche Ecken und Kanten, aber man wusste stets, was er wollte, was ihm wichtig war. Er sprach nicht in Verklausulierungen, ich erlebte ihn stets als offen und direkt, aber keinesfalls als verletzend, sondern als, ja ich möchte es so nennen, warmherzig und liebenswürdig.

 

Wesentliche Themen der Lebensphilosophie von Klaus waren: Wie kann ich als Mensch mit einer chronischen Erkrankung, mit einem lebenslangen Handicap – bei Klaus ging es nicht nur um das Handicap Diabetes, es ist allgemein bekannt, dass er trockener Alkoholiker war – wie kann ich mit den Handicaps einen für mich stimmigen Weg der Lebensbewältigung finden?

 

Sich also nicht vom Handicap beherrschen lassen, nicht in eine Jammermentalität zu verfallen, sondern die Sache aktiv in die Hand zu nehmen, Chancen zu erkennen und zu nutzen, individuell optimale Problemlösungen zu suchen und zu finden, d. h. auch manchmal sich bewusst für Unübliches zu entscheiden - das waren typische Kennzeichen des Lebensstils von Klaus. Er fand den für ihn stimmigen Weg und er wollte andere mit Überzeugungskraft, aber ohne nennenswerten Druck, für seine Sichtweise gewinnen. Und ich denke, es ist ihm gelungen. In dieser Hinsicht kann er für manchen von uns auch teilweise ein Vorbild sein. In seiner kritischen, mitunter direkten Art, versuchte er, andere zum Nachdenken zu bringen. Ich erlebte ihn nie als fundamentalistisch, der anderen seine Sichtweise aufzwingen wollte.

 

Klaus setzte sich mit Nachdruck dafür ein, ja er kämpfte dafür, dass Menschen mit Diabetes ganz normal sind, mit Handicap, mit einer gewissen Behinderung, aber leistungsfähig wie jeder andere, sie brauchen nur etwas Extra-Zeit für ihre Selbstbehandlung. Er war so etwas wie ein „Botschafter für die Sache des Typ 1-Diabetes in Bayern“. Er hinterlässt insbesondere im Diabetikerbund Bayern eine große Lücke.

 

So macht es großen Sinn, wenn er für seine engagierte Art, in Würdigung seiner vielfältigen Arbeit für die Selbsthilfegruppenarbeit, speziell für den Diabetikerbund in Bayern, heute posthum die Leo-Malcherczyk-Medaille in Silber erhält.

 

Einige Gedanken zum Schluss: Was würde Klaus uns sagen wollen, wenn er heute leibhaftig unter uns wäre? Zwei kurze Apelle sind mir dabei eingefallen:

  • Zum einen „Klagt nicht, kämpft“: engagiert Euch für die Sache des Diabetes, es gibt allerdings auch ein „Leben unabhängig vom Diabetes.“
  • Zum anderen „Carpe diem“: Nutze die Zeit, lebt im Heute, denn keiner weiß, ob es für ihn ein Morgen gibt.