Berichte

Diabetes, Schilddrüse und Co. - Vortrag von Dr. Gerhard Eberlein, Weltdiabetestag in Nürnberg

Was sind Hormone? Welchen Einfluss haben sie auf den Diabetes bzw. der Diabetes auf sie? Welche Begleit- oder Folgeerkrankungen im Zusammenhang mit dem Hormonsystem sollte man kennen?

Das war das breite Spektrum des sehr kurzweiligen, mit interessanten Beispielen gespickten Vortrags von Dr. Eberlein aus Bayreuth. Bevor es konkreter wird, ein kleiner Überblick:

  • Diabetes mellitus und hormonelle Erkrankungen treten oft gemeinsam auf.
  • Es gibt hormonelle Störungen aufgrund langjährigen Diabetes, z.B. Testosteronmangel, Blutarmut (perniziöse Anämie).
  • Manche hormonellen Störungen können einen Diabetes auslösen oder die Diabeteseinstellung beeinflussen.
  • Ist man von einer Autoimmunerkrankung betroffen, hat man ein erhöhtes Risiko, gleichzeitig oder zeitversetzt an weiteren zu erkranken. Daran sollte man selbst - und der behandelnde Arzt - immer wieder denken.


Hormone sind körpereigene Stoffe, die alle biologischen Prozesse in unserem Körper steuern. Zentrale Schaltstellen sind die Hypophyse und der Hypothalamus. Weitere wichtige Hormondrüsen, auf die Dr. Eberlein einging, sind die Nebennieren und die Schilddrüse.

Akromegalie: Hier produziert die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) zu viel Wachstumshormon, meist aufgrund eines gutartigen Tumors. Geschieht dies noch vor Abschluss der Wachstumsphase, werden diese Menschen sehr groß. Nach Abschluss dieser Phase wachsen nur noch die „Endglieder“, z.B. Hände, Füße, Kinn, Nase. Ein Bespiel ist der frühere Boxweltmeister Nikolai Sergejewitsch Walujew - er ist 2,13 m groß, wog bis zu 150 kg und hat Schuhgröße 52. Bis zu 30 % der Betroffenen weisen eine gestörte Glukosetoleranz auf. Die Therapie: operative Entfernung des Tumors, alternativ Bestrahlung oder Medikamente. Danach normalisiert sich auch die gestörte Glukosetoleranz.

Morbus Cushing: Merkmale sind dünne Arme und Beine, dicker Bauch = Stammfettsucht, Stiernacken, Vollmondgesicht mit roten Wangen, rötliche Schwangerschaftsstreifen. Der Grund: Es ist permanent zu viel Cortisol/Cortison im Blut. Cortisol regt die Leber zur Zuckerneubildung an und steigert die Insulinresistenz. Daher ist bei Morbus Cushing sehr oft die Glukosetoleranz gestört. Dies kann in Diabetes übergehen, der oft gut mit Tabletten behandelbar ist.

Cortisol wird in der Nebennierenrinde gebildet. Die Ursache für eine Überproduktion kann ein gutartiger Tumor in der übergeordneten Hirnanhangdrüse sein. Therapie wie bei der Akromegale – Entfernung des Tumors, Bestrahlung oder Medikamente. Meist ist der Morbus Cushing aber eine Nebenwirkung der Cortisontherapie aufgrund anderer Erkrankungen.

Die Schilddrüse ist ein kleines, lebensnotwendiges Organ. Störungen der Schilddrüsenfunktion kann die Stoffwechselsituation bei bestehendem Diabetes verschlechtern, aber keinen Diabetes auslösen.

Die Schilddrüse braucht Jod zur Herstellung von Schilddrüsenhormonen. Wir leben in einem Jodmangelgebiet. Wird nicht genug Jod über die Nahrung aufgenommen, wehrt sich die Schilddrüse mit „Wachstum“, eine sogenannte Struma (Kropf) und heiße oder kalte Knoten können entstehen. Heiße (= autonome) Knoten bilden dann unkontrolliert Schilddrüsenhormone. Das führt beim Diabetiker zu unerklärlichen Blutzuckerschwankungen. Mögliche Therapie: Operation, Medikamente oder Radiojodtherapie.

Autoimmunerkrankungen, die gehäuft in Zusammenhang mit Diabetes Typ 1 auftreten können und an die der Arzt deshalb denken sollte, sind u.a.

  • Morbus Addison – Autoimmunerkrankung der Nebennierenrinde. Es wird zu wenig Cortisol gebildet. Betroffene sind dünn, schlapp, müde, haben Gewicht abgenommen, einen niedrigen Blutdruck. Diabetiker neigen zu Unterzuckerungen, weil die Leber zu wenig Glukose neu bildet und die Insulinempfindlichkeit steigt. Der Therapie besteht aus einer lebenslangen Gabe von Cortisontabletten.
  • Morbus Basedow = einzige Autoimmunerkrankung, die eine Drüse stimuliert, d.h. zur Mehrbildung anregt. Die Schilddrüse läuft auf Hochtouren, produziert im Übermaß Schilddrüsenhormon, der Puls ist schnell, der Betroffene ist unruhig, kann schlecht schlafen. Manchmal ist das Bindegewebe des Auges mitbetroffen, charakteristisches Merkmal sind dann hervorstehende Augäpfel („Glupschaugen“). Die Diagnose erfolgt durch die Bestimmung der TRAK-Antikörper. Therapiert wird mit Medikamenten, die Hormonproduktion blockieren.
  • Hashimoto-Thyreoiditis: Betroffene sind antriebslos, depressiv, müde, schläfrig, übergewichtig… Sie leiden an einer Schilddrüsenunterfunktion. Der Hashimoto ist eine der häufigsten Begleiterkrankungen bei Typ-1-Diabetes. Im Bluttest findet man die Kombination „hohe TPO-Antikörper und niedrige Schilddrüsenhormone“. Wichtig: Hohe TPO-Antikörper alleine beweisen keine Hashimoto-Thyreoiditis! Bis zu 3 % aller Typ-1-Diabetiker entwickeln auch einen Hashimoto – Kinder und Jugendliche sollte man darauf regelmäßig testen. Die Behandlung besteht auch der lebenslangen Gabe von Schilddrüsenhormonen.
  • Vitiligo = Weißfleckenkrankheit. Prominenter Betroffener: Michael Jackson. Bei dieser Autoimmunerkrankung werden Pigmentzellen in der Haut zerstört, aber meist nicht überall, sondern an umschriebenen Stellen. Medizinisch gesehen ist diese Erkrankung harmlos, sie macht vielen Betroffenen aber aufgrund es kosmetischen Erscheinungsbildes psychisch zu schaffen. Eine wirkliche Therapie gibt es nicht.
  • Zöliakie = glutensensitive Enteropathie. Die Dünndarmschleimwand reagiert auf das in den meisten heimischen Getreiden enthaltene Gluten. Betroffene fühlen sich oft schlapp, haben Magen-Darm-Probleme, Kinder entwickeln und wachsen nicht so richtig. Die Diagnose erfolgt durch Antikörpernachweis und Gewebeprobe. Eine ursächliche Therapie gibt es nicht. Betroffene müssen das auslösende Gluten meiden und sich fortan glutenfrei ernähren. 5–10 % der Kinder mit Typ-1-Diabetes entwickeln eine Zöliakie, daher sollte man die Autoantikörper bei Diagnosestellung und regelmäßig alle zwei Jahre kontrollieren.
     

Das Video dieses Vortrags - und die Videos der anderen 6 Vorträge vom Weltdiabetestag 2018 in Nürnberg können Mitglieder im internen Mitgliederbereich ansehen und anhören. Mitglied werden ist jederzeit möglich!

Referent Dr. Gerhard Eberlein