Kolumne

Meilenstein FGM/CGM

Vom 12. bis 16. September stand wegen des EASD-Kongresses München ganz im Fokus von Diabetes: Wissenschaftler und Praktiker aus der ganzen Welt waren in der Stadt zu sehen – leicht identifizierbar an ihren am Hals baumelnden EASD-Namensschildern mit Länderangabe (wohl so offen getragen, weil sie zur kostenlosen Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs berechtigten).


Firmen stellten neueste Produkte, Wissenschaftler und Praktiker aktuelle Studienergebnisse vor. Zwar hatten die wenigsten Betroffenen direkten Zugang zum Kongress, aber mit zwei Patientenveranstaltungen, dem DiabetesMarkt auf dem Odeonsplatz und dem Patiententag Diabetes im Klinikum rechts der Isar, wurde auch an sie gedacht.


Es sind im Moment wirklich spannenden Zeiten für Diabetiker – aus meiner Sicht  stehen wir vor einer ähnlichen Revolution wie vor über 30 Jahren, als die Blutzuckerselbstmessung, anfangs erst langsam und nur für besondere Fälle, Einzug hielt. Seit vielen Jahren ist sie unverzichtbarer Bestandteil für alle Diabetiker mit ICT oder Insulinpumpentherapie - völlig unvorstellbar, ohne sie zu leben!


Mein erster Kontakt mit der Blutzuckerselbstmessung hatte ich auf einer Entbindungsstation bei einer schwangeren Typ 1-Diabetikerin! Ansonsten: Fehlanzeige! Dieses Gerät sehe ich heute noch vor mir! Betreut wurde die junge Dame von Ärzten einer ganz speziellen Station in dieser Klinik. Ich kann mich noch sehr gut an die begeisterten Worte der Internistin, die uns Pflegeschülern Innere Medizin lehrte, erinnern: „Wenn Sie solchen Patienten begegnen, lernen Sie von ihnen, so viel Sie können! Und schützen Sie sie vor unwissenden Ärzten!“ Letzteres können sicher viele von Ihnen nachvollziehen!


Schon lange haben wir erkannt – der Blutzuckerwert ist nur eine Momentaufnahme, uns fehlen wichtige Informationen. Wir wissen nicht, woher er kommt und wohin er geht und was in der Zeit zwischen den Messungen passiert ist! Aber jetzt zeichnet sich eine neue Revolution ab: Die Kontinuierlichen Messgeräte (CGM und FGM) werden an Bedeutung gewinnen – durch den Beschluss des G-BA, der ihm einen Zusatznutzen und damit die Möglichkeit der Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen ermöglicht, und durch den Druck und das Interesse der Betroffenen!


Erste CGM-Geräte gibt es schon einige Jahre – zunächst traute man Patienten den Umgang, wie einst bei der Blutzuckerselbstmessung, nicht zu. Deshalb waren sie anfangs verblindet, d.h. der Patient trug sie, konnte die Werte aber nicht sehen. Die Auswertung machte im Nachhinein der Arzt. Die Entwicklung ging weiter, aber wegen der hohen Kosten waren nur wenige Menschen in der Lage, CGM-Systeme zu nutzen. Die Krankenkassen zahlten selten, oft war die Kostenübernahme in Gerichtsverfahren hart erkämpft. Dann kam das bisher einzige FGM-System auf den Markt – vor rund zwei Jahren. Günstig ist das auch nicht, aber doch für einige machbar und so setzte ein wahrer Run ein.


Dies ist meiner Überzeugung nach nicht mehr zurück zu drehen – und das ist gut so! FGM und CGM geben uns so viel mehr Informationen – sie sind ein ganz wichtiger Schritt in ein noch normaleres Leben mit Diabetes, mit einer besseren Stoffwechseleinstellung ohne erhöhtes Risiko für Unterzuckerungen.


Damals wie heute gibt es ein dickes Problem – und das heißt Kostenübernahme. Der G-BA-Beschluss ist da, Kostenübernahme für CGM grundsätzlich möglich, aber nicht automatisch für alle vorgesehen. FGM wird freiwillig von einigen Krankenkassen erstattet, andere lehnen immer noch ab.


Was ich auf keinen Fall will, ist eine Zweiklassenmedizin in der Art, dass sich Diabetiker, die es sich leisten können, diese Systeme privat finanzieren und alle anderen außen vor bleiben! In der eigenen Familie sehe ich, wie es mit diesen Systemen möglich ist, die Stoffwechseleinstellung erheblich zu verbessern – das nützt doch nicht nur dem Einzelnen, sondern dem gesamten System! Weniger Folgeerkrankungen = weniger Kosten, denn die Folgeerkrankungen sind die Kostentreiber! Und das ist das Argument, das die Kassen überzeugen sollte.


Deshalb ist es für Diabetiker gerade jetzt wieder wichtig, dass wir eine Einheit sind,miteinander die neuen Möglichkeiten erkunden, uns aber auch austauschen insbesondere über positive wie negative Reaktionen der Krankenkassen. Wenn wir alle mitmachen und unsere Informationen bündeln, kommen wir gemeinsam schneller ans Ziel.


Erobern wir die neue Diabetes-Welt und lernen mit den innovativen Möglichkeiten wieder neu laufen!


Ihre Marion Köstlmeier