Kolumne

Zählt der Profit mehr als der Mensch?

Ich bin keine die Viel-Fernsehguckerin, aber wenn, dann interessiere ich mich für Dokumentationen, Reportagen oder Magazine. Im Sommerloch 2014 gab es da viel zu sehen. Einige medizinische Themen haben mich überrascht und erschreckt. Mir stellt sich die Frage: Zählt der Profit mehr als der Mensch?

Über die mit billigem Industriesilikon gefüllten Brustimplantate einer französischen Firma wurde mehrfach in den Medien berichtet – was für eine Sauerei. Hier ist völlig klar – nur die Maximierung des Gewinns zählte. Die betroffenen Frauen, warum auch immer sie die Implantate benötigten oder wünschten, sind die Leidtragenden! Gab es für die Frauen oder die Operateure im Vorfeld eine Möglichkeit, die Mangelhaftigkeit der Implantate dieser Firma zu erkennen? Wohl eher nicht - sie hatten die erforderliche CE-Zertifizierung, doch darauf verlassen konnte man sich nicht.

Unding Nr. 2: Das Bayerische Fernsehen berichtete in „<link http: www.br.de mediathek video sendungen quer>Quer“ von Schraubenimplantaten, die bei Knochenbrüchen eingesetzt und oft nach der Heilung wieder entfernt werden. Davon hat jedermann schon gehört und vielleicht waren Sie oder Angehörige auch schon selbst Nutznießer oder Leidtragende. Und wo liegt jetzt das Problem? Es gibt sicher keins, wenn die Implantate in der Klinik entfernt werden, in der sie eingesetzt wurden, denn dann ist dort auch das passende Werkzeug vorhanden. Was aber, wenn die Implantat-Entfernung ganz woanders durchgeführt werden soll? Gar nicht so abwegig, denken Sie an einen Skiunfall fern der Heimat! Dann sind Sie gut beraten, sich eine Kopie des Arztberichtes geben lassen, in dem Typ und Fabrikat der verwendeten Implantate vermerkt sind – eine ganz wichtige Information für den nachfolgenden Operateur! Warum? Jedes Fabrikat hat spezielle Schraubenformate, für deren (De-)Montage man die passenden Spezialwerkzeuge benötigt. Keine Klinik hat jedes Werkzeug vorrätig! Sie behelfen sich zwar mit sogenannten „Universalwerkzeugen“, die auch meist passen, aber eben nicht immer. So geschehen im dargestellten Fall: Die geplante Operationsdauer betrug 30 Minuten. Der Operateur versuchte sein Bestes, aber die Entfernung mit allen in der Klinik vorhandenen Werkzeugen gelang nicht – Operationsabbruch nach sage und schreibe vier Stunden!

Geht es hier um Menschen oder Möbel?

Einheitliche Werkzeuge gibt es nicht, weil die Firmen ihre Produkte mit Patenten schützen wollen und das können sie nur, wenn ihr Produkt auf irgendeine Art anders ist. Damit sind die Firmen die einzigen Nutznießer – im Sinne der betroffenen Patienten, Kliniken oder auch Kostenträger - und damit der Gemeinschaft der Krankenversicherten - ist das nicht!

Andere Sendung: „<link http: www.youtube.com>Schrott im Körper“ in der ARD: Defibrillatoren implantiert man Menschen mit Herzrhythmusstörungen, wenn diese medikamentös nicht beherrscht werden können. Sinn und Zweck dieser „Defis“: Sie sollen dann einen „Schock“ abgeben, wenn das Herz des Patienten aus dem Takt gerät, aber eben nur dann und nicht einfach mal so! Aber genau das ist mehrfach geschehen. Für die Betroffenen sind solche „Fehlschocks“ nicht nur unangenehm, sondern auch gefährlich – ein Stromimpuls kann ein vorher regelmäßig schlagendes Herz auch aus dem Takt bringen - Lebensgefahr! Und warum kam es zu den Fehl-Auslösungen? Die Elektroden waren fehlerhaft – man hatte sie nur im Labor getestet, nicht am bewegten und lebenden Objekt! Den Anforderungen im menschlichen Körper hielten sie auf Dauer nicht stand. Und jetzt? Die Firmen reden sich raus: Austausch der Elektroden – das ist ein mit hohem Risiko behafteter operativer Eingriff! Wer muss es ausbaden? Richtig – der Patient! (Die ursprünglich bei der Zulassung verwendeten Elektroden waren dicker und robuster, man hatte „nachgebessert“ – ohne ausreichende Prüfung!)

Versuchskaninchen Mensch


Rückruf-Aktionen in der Auto-Industrie gehören fast schon zum Alltag – im sensiblen medizinischen Bereich sind sie definitiv fehl am Platz. Der Mensch kann doch nicht als Versuchskaninchen herhalten!

Auch wenn Medizinprodukte-Firmen jetzt groß aufschreien - meine persönliche Meinung: Hier geht es nur ums Geld – der Mensch, für den man produziert, steht nicht im Mittelpunkt des Interesses! Ich persönlich könnte das ethisch nicht vertreten, aber andere schlafen und verdienen wohl gut damit.

Können Patienten der Medizintechnik wirklich vertrauen? Diabetiker sind viel auf Technik angewiesen, man denke an Blutzuckermessgeräte, Insulinpens und Insulinpumpen. Auf diese Hilfsmittel müssen und wollen wir vertrauen und nicht Angst haben, dass sie aufgrund von Einsparpotentialen auf Herstellerseite nicht mehr verlässlich sind.

Ihre Marion Köstlmeier