Berichte Kolumne

Eine Katastrophe kommt selten allein…

Nach einem wirklich kräftezehrenden Tag hoffte ich stark, dass der spätere Abend etwas ruhiger werden würde, wurde aber rasch eines Besseren belehrt. Aber der Reihe nach:

Als ich gerade einmal eine Stunde Französisch unterrichtet hatte und die Stimmung bei den Schülern sehr ausgelassen war, klingelte mein Handy. Korbis Kindergartenerzieherin überbrachte mir die Hiobsbotschaft, dass sie Korbi vor dem Essen sein dringend benötigtes Insulin abgeben wollte, dies aber keineswegs möglich war. Dafür gab die Insulinpumpe im Minutentakt sehr durchdringende Alarmtöne von sich, so dass mir nichts anderes übrig blieb, als den Unterricht sehr vorzeitig zu unterbrechen und mit rasendem Herzen zum Kindergarten zu eilen. Nachdem ich eine Stunde mit der technischen Abteilung des Pumpenherstellers gefachsimpelt hatte (von mal heftiger werdenden, mal abebbenden Geschwisterstreitigkeiten untermalt), fanden wir endlich den Softwarefehler.

Kaum war dieses Problem behoben, bahnte sich das nächste an. Unsere jüngere Tochter hatte am folgenden Tag zum Bestehen des bayerischen „Grundschulabiturs“ eine sehr wichtige Matheprobe vor sich, auf die sie sich leider in ihrer Art vorbereitete, nämlich gar nicht. Dafür hatte sie ihre Mathehausaufgaben so schlampig gemacht – es macht ja keinen großen Unterscheid, ob man 70.000 mit 5000 oder 70 mit 500 multipliziert … - , dass ich akuten Übungsbedarf sah. Meine Hoffnung, dass ich ihr diesen Crashkurs in Mathe von unseren vierjährigen Zwillingen ungestört angedeihen lassen konnte, wurde jäh durch einen Anruf meines Mannes zerstört, der mir im Viertelstundentakt von S-Bahn-Vorkommnissen erzählte: die Weichenstörung und die generell große Verspätung krönte schließlich noch ein Notfalleinsatz. So konnte ich Franzi leider nur im „Mamatourette“-Modus für die bevorstehende Probe briefen, à la: „Franzi, was bedeutet multiplizieren - Vinziiii, lass deinen Bruder endlich in Ruhe - Franzi, wie viele Nullen kannst Du auf beiden Seiten streichen? - Korbi, nicht so laut…, etc.“

Um 18.15 Uhr hatten wir unseren Antrittsbesuch bei einer Ergotherapeutin für Franzi, die wunderbare kreative Geschichten schreibt, aber leider mit solch einer falschen Stifthaltung, dass ihr immer die Hand schmerzt. Die Stunde verlief gut, aber als sie uns am Schluss noch „kleine Hausaufgaben“ aufgab, die „man ja ganz schnell zwischendurch“ machen könne, dachte ich mit Schrecken an all die anderen kleinen Übungsaufträge, die man ganz flott zwischendrin erledigen kann, die aber dann summa summarum doch leider oft länger als eine Stunde pro Tag in Anspruch nehmen.

Diese Zeilen schreibe ich weit nach Mitternacht mit einem Korbi auf dem Arm, der nur noch dick eingemummelt senkrecht bei mir auf dem Schoß sitzend bei offenem Badfenster halbwegs Luft bekommt. Seit 22 Uhr erschreckte mich bereits der bellende Husten von Korbi, der sich kurz nach Mitternacht zu einem waschechten Pseudokrupphusten auswuchs. Kurz davor hatte ich noch unserer ältesten Tochter Notfallhilfe geleistet: sie hatte zur späten Stunde versucht, mit einem neu gekauften Pickelmittel, dessen Hauptbestandteil Teebaumöl ist, ihrem Teenagergesicht auf die Pelle zu rücken. Die mit ihrer jüngeren Schwester just an diesem Tag besprochene Redewendung „Wer nicht hören will, muss fühlen“, spürte Katharina am späten Abend am eigenen Leib. Entgegen meiner eindringlichen Warnungen hatte sie das Teebaumöl offenbar mit Schwung auf ihre Stirn getropft, wo es schnurstracks in ihre Augen gelaufen war - und sie für die nächste Stunde zu einem langen Gezeter ansetzen ließ. Unbestritten, dass so etwas wie die Hölle brennt. Mein Mitleid hielt sich dennoch in Grenzen, fiel mir doch auf der Suche nach einem frischen Handtuch in ihrem Zimmer plötzlich ein ganzes Reservoir an (bereits benützten) Tassen, Tellern und meinem Lieblingsmesser ins Auge, die sie offenbar Wochen zuvor aus reiner Bequemlichkeit statt in der Spülmaschine im Erdgeschoß lieber gleich in einer ihrer zahlreichen Schubladen verschwinden hatte lassen.

Übrigens schloss sich in dieser Woche nahtlos an den Pseudokrupphusten bei Korbi noch eine virale Lungenentzündung bei Vinzi an. Zu dem Zeitpunkt hatten sich bei Korbi die tagelang sehr stark erhöhten Blutzuckerwerte aufgrund der einmaligen nächtlichen Kortisongabe, die ich Korbi aufgrund des Pseudohustenkruppanfalls, bei dem er fast zu ersticken drohte, dann doch geben musste, immerhin schon wieder normalisiert…

Ihre
Dorothea Fading